Brauerei trifft Malerei
In Stadtsteinach soll das Grau einer Steinwand des bunten Motiven eines Graffiti-Künstlers weichen. Dabei geht es im wahrsten Sinne „phantastisch“ zu. Wer sich daran beteiligen will, sollte sich besser beeilen.
Als der Münchner Alt-Oberbürgermeister Christian Ude die Bemalung einer Tunnelinnenwand in der Landeshauptstadt durch Martin Blumöhr vorstellte sagte er: „Dass in dieser Weise ein Stück Kunst im öffentlichen Raum im Dialog ... gemeinsam entwickelt wird, habe ich noch nie erlebt; mehr noch, ich habe es mir nicht einmal vorstellen können“. Ein weiteres Stück dieser seiner Urban Art (Kunst im öffentlichen Raum) wird der Münchner Künstler am Wochenende 23./24. Juli in Stadtsteinach anfertigen und die Stirnwand des vormaligen Malzhauses der Brauerei Schübel an der Knollenstraße dauerhaft bemalen.
Motiv steht noch nicht fest
Nicht er allein, sondern zusammen mit den Teilnehmern des Workshops „Urban Art trifft Fränkische Handwerkskunst“, das die Kunst- und Kulturorganisation „Campus Cactus“ mit Sitz in der Stadtsteinacher Alten Schule organisiert. Blumöhr wird das Konzept der Bemalung mit den zehn Teilnehmern des Workshops zusammen entwickeln und dann umsetzen. Das Motiv, das die Brauereifassade künftig zieren wird, steht bis zum Wochenende seiner Entstehung also noch nicht fest. Die Fassadenwand ist bereits eingerüstet und entsprechend vorbereitet.
Blumöhr malt öffentlich und nimmt dabei Anregungen seiner Zuschauer mit auf. Wie zum Beispiel zuletzt Anfang Juni in der Stadtbibliothek München-Pasing bei seiner Malaktion zu den augenblicklichen Festivitäten rund um die 50-Jahr-Feier der olympischen Spiele in München, wo ihm seine Besucher nicht nur beim Malen über die Schulter schauen konnten, sondern auch ihre persönlichen Gedanken, Ideen und Erinnerungen an die Münchner Olympiade 1972 für das großformatige Kunstwerk mit einbringen konnten. In Stadtsteinach werden zunächst die Teilnehmer des Workshops vorab in der Alten Schule mit ihren Ideen und Vorschlägen Einfluss auf das Fassadengemälde haben, das im doppelten Wortsinn „phantastisch“ werden soll. Der 41-jährige Blumöhr scheint stilistisch nicht unbedingt festgelegt zu sein. Seine bisherigen Werke verbinden dekoratives Graffiti mit Figuren der naiven Malerei, rein grafische Gestaltung bis hin zu den monströs pseudo-barocken Gestalten des Phantastischen Realismus. Denn Blumöhr war unter anderem auch Stipendiat, Schüler und persönlicher Assistent von Ernst Fuchs in dessen Ateliers in Wien mit Aufenthalten in Monaco und Klagenfurt.
Kursteilnehmer dürfen Entwürfe auf der Fassade umsetzten
Am ersten Workshop-Tag werden phantastische Gestalten (die nicht unbedingt reale, historische Personen darstellen) aus Gedanken, Erinnerungen und Ereignissen aus Stadtsteinach, zur Brauerei und zur Braukunst sowie der Situation in der Welt kreiert. Die Entwürfe werden die Kursteilnehmer danach mit Unterstützung von Martin Blumöhr direkt auf der Fassade umsetzen. Dabei wird der Künstler aber ein Gesamtmotiv immer im Auge behalten, das den vorläufigen Titel „Stadtsteinwand“ hat. Von den zehn Teilnehmern (ab 14 Jahren) mit Lust auf Gestaltung, Farben und Ausprobieren sind keine Vorkenntnisse gefordert. Blumöhr wird sie zunächst im Umgang mit Acrylfarben, Pinsel und Airbrush anleiten und sie mit verschiedenen Street-Art-Techniken vertraut machen. Gebraucht werden also nur für die Vorzeichnungen A3-Zeichenblock, Bleistift, Radiergummi, Spitzer, schwarzer Fineliner, Arbeitsklamotten, aber vor allem Ideen für eine innovative Wandgestaltung, die am 23. und am 24. Juli jeweils in der Zeit von 10 bis 18 Uhr entwickelt und dann umgesetzt wird.
Für die wenigen Plätze im Workshop sind jetzt Anmeldungen möglich:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. und 09225/956333
Die Aktion anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Brauerei wird durch die Brauerei Schübel selbst, außerdem von der Oberfrankenstiftung, der Sparkasse Kulmbach-Kronach, der Kulturinitative „Die Wüste lebt“ und mehrere private Mäzene unterstützt. Die künstlerische Aktion in Stadtsteinach ist eine von drei Work-Shops, die „Campus Cactus“ (dessen Vorsitzende ist Hannah-Katharina Martin) derzeit initiiert hat und ausrichtet: In Leipzig findet vom 17. bis 27. August ein deutsch-französischer Comic-Workshop mit dem Comiczeichner „mawil“ aus Berlin und Yassine de Vos aus Paris statt. Des Weiteren in Saarbrücken vom 14. bis 20. August ein Theater-Workshop „Auf Shakespeares Spuren mit der Meisner-Technik“ mit Ina Maria Jaich (Deutschland) und Marceau Deschamps-Ségura (Frankreich).
Text: Klaus Klaschka
